Diese Frage beantworten Shivenes Shammugam, Joachim Schleich, Barbara Schlomann (Ratsmitglied des Expertenrats für Klimafragen) und Lorenzo Montrone als Mitwirkende am Bericht zur Vorjahresschätzung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2020 in einem unabhängigen Forschungspapier, das in der Zeitschrift Climate Policy veröffentlicht wurde.

Hintergrund

Das Bundes-Klimaschutzgesetz enthält verbindliche Jahresziele für Treibhausgasemissionen für die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfall. Für Sektoren, die ihre Ziele nicht erreichen, müssen Sofortprogramme vorgelegt werden, die das Einhalten der Jahresemissionsmengen sicherstellen. Im Jahr 2020 hat der Gebäudesektor sein Ziel verfehlt, die übrigen Sektoren haben ihr Ziel erreicht (siehe ERK-Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2020). Dabei stellt sich die Frage, ob einige Sektoren ihre Ziele möglicherweise nur wegen der COVID-19-Pandemie erreicht oder verfehlt haben. Für die Politikgestaltung ist es daher wichtig, den Einfluss der COVID-19-Pandemie von dem der klimapolitischer Maßnahmen und weiterer Einflussfaktoren auf die Emissionsentwicklung zu trennen.

Zusammenfassung des Forschungspapiers

In dem Forschungspapier werden die Auswirkungen der Pandemie auf die gesamten und sektoralen Treibhausgasemissionen in Deutschland im Jahr 2020 untersucht. Wie die Emissionsentwicklung ohne die Covid-19-Pandemie verlaufen wäre, wird auf der Grundlage autoregressiver ökonometrischer Modelle geschätzt. Der Vergleich der Gesamtemissionsentwicklung mit und ohne Covid-19-Pandemie deutet darauf hin, dass allein die COVID-19-Pandemie die Treibhausgasemissionen in Deutschland im Jahr um rund 41 Mio. t CO₂-Äq. oder gut 5 % verringert hat. Damit kann fast 60 % der zwischen 2019 und 2020 in Deutschland beobachteten Emissionsminderung auf die COVID-19-Pandemie zurückgeführt werden.

Bezogen auf die im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Minderungsziele hätten laut der Analyse alle Sektoren mit Ausnahme des Verkehrssektors – d.h. auch der Gebäudesektor – ohne die COVID-19-Pandemie ihr Ziel im Jahr 2020 erreicht. Der Verkehrssektor jedoch hätte sein Emissionsziel im Jahr 2020 ohne die COVID-19-Pandemie relativ deutlich verfehlt (+15,4 Mio. t CO₂-Äq.). Dies könnte darauf hindeuten, dass die bisher im Verkehrssektor ergriffenen klimaschutzpolitischen Maßnahmen nicht ausreichend sind, um den im Bundes-Klimaschutzgesetz vorgegebenen Emissionspfad auch ohne einen emissionsmindernden Sondereffekt zur erreichen.